Den Schildbürgerstreichen auf der Spur – Ein Besuch in Schildau

Den Schildbürgerstreichen auf der Spur – Ein Besuch in Schildau

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Eigentlich bin ich nach Schildau gefahren um mir ein Bild von meinem Namensvetter zu machen, doch die eigentliche Kuriosität im Ort nahe Torgau ist ein andere.Und die hängt ganz eng mit dem Namen des Ortes zusammen. Die Schildbürger sollen hier ihren Ursprung haben. Bewiesen ist nichts, doch viele Indizien sprechen dafür, dass die wohlbekannten Schildbürgerstreiche ursprünglich hier im Norden Sachsens erfunden wurden. Zumindest wahrt der Ort das Andenken des Schildbürgertums in einem Museum und einem Schildbürgerpfad.

In Schildau gibt es aber noch (ein klein wenig) mehr zu entdecken.

Das Museum der Schildbürger

Das Museum der Schildbürger in Schildaus Zentrum stellt die Geschichte der als einfältig bekannten Dorfbewohner vor. Dabei geht es nicht um die Mißgeschicke der Schildauer vor Ort, sondern um die Vorstellung der Schildbürgerstreiche, die seit Ende des 16. Jahrhunderts in einem Buch zusammengefasst wurden und seither in unzähligen Varianten weitererzählt und neu aufgelegt  wurden. In unzähligen Schriftstücken, Bildern, Zeitungsausschnitten und Collagen werden die Schildbürgerstreiche vorgestellt und die Einfältigkeit der Schildbürger ausgeschlachtet.

Die Schildbürger waren im Übrigen nicht immer dumm. Vielmehr waren sie hochangesehene Gebildete, die zu Fürsten und Königen in allen Regionen Deutschlands unterwegs waren. Dort berieten sie die Fürstenhäuser und gaben ihnen wertvolle Ratschläge. Da die Schildbürger irgendwann des Reisens überdrüssig wurden und lieber bei ihren Frauen und Familien bleiben wollten, stellten sie sich irgendwann ahnungslos und dumm. Fortan wurden sie nicht mehr von den Herrschenden zu Rate gezogen und konnten in ihrer Heimat verweilen.

Da sie sich aber permanent dumm stellten, färbte dies irgendwann wirklich auf die Schildbürger ab. Und so kam es dann, dass die Schildbürgerstreiche keine Streiche im eigentlichen Sinne mehr waren, sondern tatsächlich auf der Dummheit der Schildbürger basierten.

Zu den bekanntesten Streichen zählen:

  • Die Schildbürger bauen ein Rathaus: Als die Schildbürger ein neues, pompöses Rathaus bauen, vergisst der Architekt die Einplanung von Fenstern, und das Rathaus ist innen stockfinster. Daraufhin versuchen die Schildbürger, mit Eimern das Sonnenlicht einzufangen und ins Innere zu tragen.
  • Der versalzene Gemeindeacker: Um unabhängig von den teuren Salzlieferungen zu werden, beschließen die Schildbürger, das Gewürz selbst anzubauen, und streuen eine Fuhre Salz auf den Gemeindeacker. Die Ernte der vermeintlichen Salzgewächse (in Wirklichkeit Brennnesseln) von Hand schlägt leider fehl. In Schildau ist der Schauplatz dieses Streichs als „Salzberg“ bekannt.
  • Baumstämme in die Stadt tragen: Die Schildbürger fällen Bäume und wollen nun die Stämme in ihre Stadt bringen. Sie stellen fest, dass das Stadttor zu schmal ist: Die Baumstämme passen der Breite (eigentlich der Länge, denn sie tragen sie parallel zur Mauer!) nach nicht durch. Also reißen sie links und rechts vom Tor die Stadtmauer ein, bis die Stämme hindurchpassen. Als die Schildbürger fertig sind, merken sie, dass es doch viel einfacher gewesen wäre, die Baumstämme der Länge nach durch das Tor zu tragen. Sie tragen nun also alle Baumstämme wieder aus der Stadt, mauern die Stadtmauer links und rechts wieder zu und tragen die Stämme abermals, nun der Länge nach, durch das Tor in die Stadt.

Quelle: wikipedia.de

Und auch heute sind die Schildbürgerstreiche noch in aller Munde. Wann immer bürokratische Hürden zu überwinden sind, spricht man von einem Schildbürgerstreich. Und so findet das kleine Sächsische Städtchen Schildau mehr oder weniger täglich Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch.

Schildbürger außerhalb des Museums

Doch nicht nur im Museum erfährt man alles über das Schildbürgertum. So schuf ein Torgauer Bildhauer einen Schildbürgerbrunnen und durch den Ort führt ein Schildbürgerwanderweg, an dessen zwölf Stationen man sich über die Schildbürgerstreiche informieren kann und gleichzeitig etwas vom Ort und seine Umgebung erfährt und sieht.

Gneisenaumuseum

Der Hauptgrund meines Schildaubesuchs war jedoch ein anderer. Ich wollte meinem Namensvetter August Wilhelm Antonius Neidhardt, besser bekannt als August Graf Neidhardt von Gneisenau einen Besuch abstatten. Wann habe ich schonmal Gelegenheit, ein Museum über eine Person mit meinem nicht allzu häufigen Nachnamen zu besichtigen.

Das Gneisenaumuseum teilt sich die Räumlichkeiten mit dem Schildbürgermuseum. In der unteren Etage des Hauses in der Marktstr. 14 befindet sich die Dauerausstellung zum Leben und Wirken des in Schildau geborenen Neidhardt von Gneisenau. Dieser war preußischer Generalfeldmarschall und Heeresreformer. Richtungsweisend war an den napoleonischen Befreiungskriegen beteiligt und verhalf den Preußen mit seinen Feldstrategien zum Sieg über Napoleon und dessen französische Armee. Besonders bei der Schlacht von Waterloo in Belgien war er federführend an Napoleons letzter Niederlage beteiligt.

Im Museum erfahre ich mehr über meinen Namensvetter, der auch Urgroßvater der beiden Hitler-Attentäter Berthold und Claus Schenk Graf von Stauffenberg war, dessen Leben und Wirken, sowie verschiedene militärische Strategien des 19. Jahrhunderts.

Wenige Häuser entfernt vom Museum befindet sich in der Gneisenaustraße 2 das Geburtshaus und auf dem Marktplatz befindet sich ein Gneisenaudenkmal. Der besonderen Bedeutung des Feldherrn, der auch Namensvetter zahlreicher Kasernen und Militärschiffe ist, trägt die Stadt Schildau übrigens mit ihrem Beinamen Gneisenaustadt Rechnung.

Schildauer Berg in der Dahlener Heide

Da die Stadt selbst, die mittlerweile eine Verwaltungseinheit mit Belgern bildet, relativ schnell besichtigt ist, bietet sich noch eine kleine Runde in die Dahlener Heide an. Von Schildau, am Rande der Dahlener Heide gelegen, ist es nicht weit bis auf den Schildauer Berg. Hier oben auf 217m Höhe befindet sich der Schildbergturm bezeichnete Aussichts- und Feuerwachturm. Im Jahre 1936 erbaut und mit 26 Meter Höhe errichtet lädt der Turm samstags bei schönem Wetter von Ende März bis Ende Oktober seine Besucher zur Aussicht ein.

Von hier aus ist es dann auch nicht weit in Wittes Steinbruch und Heßlers Schlucht, zwei Porphyrsteinbrüche in der Dahlener Heide.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten in Schildau

Als Station des Lutherwegs ist die Kirche St. Marien mit ihrer Pfeilerbasilika und der Voglerorgel einen Besuch wert. Gleich nebenan befindet sich der älteste Maulbeerbaum Deutschlands (ja sowas gibt’s).  Dieser soll bereits 1518 auf Anordnung des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen als Futterbaum für die Seidenraupenzucht gepflanzt worden sein und erfreut sich noch heute guter Gesundheit.

Im Sommer kannst du dich im Seebad „Neumühle“ Natur- und Erlebnisbad mit Großwasserrutsche abkühlen und deine Zelte auf dem Zelt- und Campingplatz am Seebad „Neumühle“ aufschlagen.

Für Familien lohnt sich noch ein Ausflug in den kostenfreien Tierpark Taura am Rande der Dahlener Heide.

 

 

 

 

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Matthias
Matthias
Als gebürtiger Vogtländer, der in Chemnitz zur Berufsschule ging, in Dresden studiert und lebt, ist mir Sachsen ans Herz gewachsen. Meine Begeisterung über die Sehenswürdigkeiten des Freisaats möchte ich gerne mit anderen teilen. Mehr über mich und den Blog erfahrt ihr auf der Über mich-Seite

2 Antworten

  1. Danke für die interessanten Infos zu Schildau. wir werden morgen auf den Spuren der Schildbürger aus unseren Kinderzeiten wandern.
    Natürlich werden wir auch den Helden der Befreiungskriege besuchen.

  2. Vielen Dank für den schönen und interessanten Bericht. Meine Oma stammt aus Schildau und hat mir als Kind viel über die Stadt erzählt. Ihre Familie hatte dort einen Fuhrbetrieb. Leider war ich noch noch nie dort, meine Oma ist schon lange tot.
    Nun bin ich in nächster Zeit in der Nähe zur Reha und werde auf jeden Fall Schildau einen Besuch abstatten. Ihr Bericht hat mich inspiriert.
    L.G.

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