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Ankommen. Den Kopf frei bekommen und sich treiben lassen. Das waren meine Pläne für meinen ersten Tag auf meiner Pilgerreise entlang der Via Sacra zu den schönsten und bedeutendsten sakralen Bauten der Oberlausitz. Und das hat ganz gut funktioniert, wie ich finde. Doch seht und lest selbst.

Ein Bett im Heufeld, das ist immer frei.

Mit diesem Ohrwurm im Kopf komme ich in Cunewalde an. Per Bus fahre ich von Bautzen durch das Lausitzer Bergland und erreiche Cunewalde. Ab dem Ortseingang zieht sich die Fahrt. Kein Wunder. Durchquere ich doch Deutschlands längstes Straßendorf. Wie an der Perlenkette (von 11 Kilometer Länge) gezogen reihen sich Umgebinde- und Fachwerkhäuser aneinander. Die Hauptstraße des Dorfes schlängelt sich entlang des Cunewalder Wassers nahezu ohne längere Nebenstraßen einmal von West nach Ost. Meine Unterkunft für diese Nacht befindet sich natürlich nahezu am Ende des Dorfes.

Mein Heubett in der Scheunen-Oase Cunewalde
Mein Heubett in der Scheunen-Oase Cunewalde

Ein Abend in der Scheunen-Oase

In der Scheunen-Oase habe ich eine Bleibe gefunden. Also steige ich am alten Gemeindeamt aus und gehe die paar Meter zu meinem Nachtquartier.

Begrüßt werde ich von Erika, die mir alsgleich meine Unterkunft für heute Nacht zeigt. Die Treppen hinauf gehts in den Dachboden der kernsanierten Scheune. Und dort ist es: Mein Bett im Heu. Oder besser gesagt, mein Platz im Heu. Den Schlafsack habe ich dabei und fertig ist das Nachtlager. Ich schlafe heute zwischen Spitzwegerich, Sauerampfer, Schafgarbe und Hahnenfuß. Eins steht fest. Die Gräser und Kräuter können ganz schön pieksen!

Die Scheunen-Oase Cunewalde
Die Scheunen-Oase Cunewalde

Aber sei es drum, ich hab es ja so gewollt. Ich hätte ja auch in der Ferienwohnung oder dem Umgebindehaus übernachten können. Stattdessen teile ich mir mein Nachtlager mit drei weiteren Wanderern. Manu, ihr Mann und ihr jugendlicher Sohn sind vor 12 Tagen in Dresden losgewandert und haben schon einige Kilometer zwischen sich und die Landeshauptstadt gebracht. Entlang der Lausitzer Schlange ging es für die Familie durch die Lausitz und nach zwei weiteren Wandertagen wieder zurück nach Dresden.

Für mich geht die Wanderung morgen erst los. Erikas Gastfreundschaft ist unübertroffen. Ihre Frage nach einem gemeinsamen Abendbrot bejahe ich und sitze wenig später in der Scheune mit Erika und ihrem Mann Klaus. Aufgetafelt wird im Lehmofen selbstgebackenes Brot mit selbstgemachtem Frischkäse und Holunderlimonade. Fazit: Köstlich.

Die Scheunen-Oase Cunewalde
Kleines Idyll – Die Scheunen-Oase Cunewalde

Und wie es der Zufall oder die Fügung so will, hat der Abend noch mehr zu bieten: Kräuterkunde und Reiseberichte. Die selbsternannte Kräuteromi Erika bietet Kräuterwanderungen in und um Cunewalde an und verrät in ihren Seminaren allerhand Rezepttipps mit einheimischen Kräutern und Wildpflanzen, die ich nicht einmal als solche wahrgenommen hätte. Oder habt ihr schonmal was von Gundermann gehört? Nein. Ich auch nicht.

Selbstgebackenes Brot gab es aus diesem Lehmofen
Selbstgebackenes Brot gab es aus diesem Lehmofen

Nach dem kleinen Exkurs in Erikas Wiese findet noch ein kleiner Diaabend in der Scheune statt. Erika und ihr Mann organisieren regelmäßig öffentliche Veranstaltungen innerhalb ihrer Kirchengemeinde. So auch zufälligerweise heute Abend. Christoph vom CVJM Löbau erzählt vor einer kleinen Gruppe Gästen ein wenig über sein Sommercamp mit Jugendlichen im tschechischen Adlergebirge und bringt mit der ein oder anderen lustigen Anekdote die Gäste zum Schmunzeln.

Nach dem Vortrag heißt es für mich. Ab in den Schlafsack. Nach einem ersten Kratzen und zwei oder drei fehlgeschlagenen Nestbauversuchen habe ich gegen halb 1 meine Schlafposition gefunden und finde doch noch für fünf oder sechs Stunden Schlaf. Dennoch erstaunlich erholt nehme ich mein Frühstück mit selbstgemachter Marmelade und weiteren Leckereien ein. Danach ist es Zeit für einen kleinen Dorfrundgang. Wobei Rundgang ja eigentlich falsch ist. Genau genommen gehts die Hauptstraße zurück bis ins Zentrum zur Dorfkirche. Entlang des Weges besichtige ich noch die ein oder andere Sehenswürdigkeit.

Cunewaldes Sehenswürdigkeiten

Polenzpark

Der Polenzpark im Osten Cunewaldes befindet sich gleich gegenüber der Scheunen-Oase. Der Park ist nach einem verheerenden Hochwasser wieder restauriert und zugänglich. Hier befand sich früher ein Schloss, von dem seit dem Abriss Ende der 1940er Jahre allerdings nichts mehr zu sehen ist. Lohnenswert ist der Park mit seinen Teichen und geschwungenen Wegen dennoch.

Cunewaldes Hausberge Czorneboh und Bieleboh

Ich gehe ersteinmal die alte Bahnstrecke Richtung Zentrum entlang und blicke immer wieder hinunter ins Tal des Cunewalder Wassers und auf die beiden Cunewalder Hausberge Czorneboh (555m) und Bieleboh (499m). Letzteren werde ich heute noch erwandern. Ihre recht eigenartig klingenden Namen haben sie aus dem Slawischen. Der Götterverehrung wegen wurden die beiden Gipfel als Heimat des Schwarzen Gott („Na Čornyboh“) und des Weißen Gott („Na běły boh“) benannt. Die Gipfel liegen im Norden (Czorneboh) bzw. südlich (Bieleboh) des Dorfes und sind zu Fuß erreichbar. Auf beiden befindet sich eine Gaststätte mit Aussichtsturm.

Blick auf Cunewalde und den Czorneboh
Blick auf Cunewalde und den Czorneboh

Die Blaue Kugel

Cunewaldes Veranstaltungshaus „Die Blaue Kugel“. Das weithin bekannte Haus beheimatet die Touristinformation und ist Veranstaltungsort für zahlreiche Veranstaltungen regionaler und überregional bekannter Künstler und ein kleiner Publikumsmagnet.

Das Kraftfahrzeug- und Technikmuseum

Das Kraftfahrzeug- und Technikmuseum, mit seiner Auswahl historischer Fahrzeuge und technischer Geräte der Baujahre 1910 bis 1980. Im denkmalgeschützten Umgebindehaus „Dreiseitenhof“ befindet sich neben dem Museum auch noch ein Töpferzimmer, eine Blockstube als Hochzeitsraum, eine Sommerbühne für Freilichtveranstaltungen sowie eine Ausstellung „45 Jahre Motorenwerk Cunewalde“.

Kleene Schänke

Kleene Schänke Cunewalde
Kleene Schänke Cunewalde

Die „Kleene Schänke“ Cunewalde mit seinem Café, seinem kleinen Museum regionaler Mineralien und Werkzeuge, sowie seinem Lädchen mit regionalen Spezialitäten ist ein weiteres Highlight. Im Umgebindehaus gibt es das ein oder andere köstliche Mitbringsel zu entdecken. Die Schänke hat nur an Nachmittagen und am Wochenende auf.

Kleene Schänke Cunewalde
Kleene Schänke Cunewalde
Mitbringsel von der Kleenen Schänke Cunewalde
Mitbringsel von der Kleenen Schänke Cunewalde

Umgebindehäuser

Ich liebe Umgebindehäuser. Und davon gibt es hier ziemlich viele. In Cunewalde können 400 unter Denkmalschutz stehende Gebäude angeschaut werden. Ein Großteil von ihnen sind Oberlausitzer Umgebindehäuser mit ihren typischen Blockstuben. Eine schöner als die andere. Jedes auf seine eigene Art und Weise toll. Die meisten davon in gutem Zustand und mit einem gepflegten Garten außenrum. Ein kleines Idyll sozusagen.

Umgebindehauspark Cunewalde

Der Umgebindehauspark Cunewalde im Zentrum beheimatet originalgetreue Modelle sehenswerter Umgebindehäuser der Oberlausitz im Maßstab 1:5. Quasi Cunewalde in klein. Der Park befindet sich unweit der Dorfkirche Cunewalde.

Die Cunewalder Dorfkirche

Dorfkirche Cunewalde
Dorfkirche Cunewalde

Diese ist eine ganz besondere Sehenswürdigkeit im Ort. Ist sie doch die größte Dorfkirche Deutschlands. Geöffnet ist sie leider nur freitags 15 Uhr zur öffentlichen Führung und zu kirchlichen Veranstaltungen und Gottesdiensten sowie samstags von 10-16 Uhr und sonntags von 11-16 Uhr.

Doch wie es die Fügung so will, werden mir an einem Donnerstag Vormittag dennoch die Pforten geöffnet. Denn Klaus von der Scheunen-Oase ist Gästeführer in Cunewalde und hat den großen Schlüssel zur Kirchtür einstecken, die er mir öffnet.

In der Dorfkirche Cunewalde
In der Dorfkirche Cunewalde

In einer kleinen Führung erfahre ich mehr über die fast überschuldeten Bauern, die ihr sprichwörtlich letztes Hemd für den Bau der Kirche anno 1781 hergaben, um den Bau zu finanzieren. Als Dank erhielt jeder der privaten Finanziers einen festen Platz mit Namensschild in der Kirche. In Summe gibt es 2623 Sitzplätze in der Kirche, in der sich an sonntäglichen Gottesdiensten heutzutage geradeeinmal 50 Gläubige versammeln. Mit Klaus steige ich hinauf in den Kirchturm und erlebe einen fantastischen Blick auf Cunewalde und das Lausitzer Bergland, bekomme die ein oder andere Anekdote erzählt und darf einen Blick auf die Orgel werfen, die fast ebenso viele Pfeifen wie Sitzplätze in der Kirche hat.

Blick vom Kirchturm auf Cunewalde
Blick vom Kirchturm auf Cunewalde

Fazit – Mein erster Tag Pilgern.

Eigentlich ist es kein ganzer Tag. Um 17 Uhr abends bin ich in Cunewalde angekommen. Um 11:30 Uhr, weit nach meinem eigentlichen Zeitplan bin ich immer noch hier. Vor mir liegen noch mehr als 20km Weg. Gerade einmal 4km bin ich bisher gepilgert und doch bin ich schon in eine andere Welt eingetaucht. Mit aktiv gelebtem christlichen Glauben komme ich in meinem Alltag selten in Verbindung. Durch eine glückliche Fügung bin ich zum Auftakt meiner Reise gewissermaßen direkt in „den Armen Jesu“ gelandet.

In Cunewalde
In Cunewalde

Eigentlich wollte ich nur mal Schlafen im Heu ausprobieren. Kennengelernt habe ich viel mehr. Erika, die mit ihrer Weiterbildung in Kräuterkunde Köstlichkeiten auf den Tisch zaubert und verlorengehendes Wissen weitergeben will, ihren Mann Klaus, der ehrenamtlich Gästeführer in Deutschlands längstem Straßendorf ist und Christoph vom Christlichen Verein junger Menschen, der Jugendlichen in Sommercamps die Möglichkeit gibt, mal eine ganz andere Auszeit vom Alltag zu erleben. Mit Übernachtung im Tipi, Nachtwache am Lagerfeuer und Exkursionen im tschechischen Adlergebirge sowie einem recht spartanischem Leben für eine Woche. Damit hätte ich so nicht gerechnet. Christliche Werte haben wir alle verinnerlicht. Aber hier werden sie noch auf besondere Weise gelebt. Besser hätte meine Pilgerreise nicht starten können. Und eigentlich war der halbe Tag viel zu kurz für all die Sehenswürdigkeiten in Cunewalde.

Nubbernplan'l - Wir lernen Lausitzer Dialekt
Nubbernplan’l – Wir lernen Lausitzer Dialekt

Und wie gehts weiter?

Blick auf den Bieleboh
Blick auf den Bieleboh

Nach all dem Sightseeing wird es Zeit für meine eigentliche Wanderung. Es ist schon weit nach 11 Uhr und ich habe noch ein gutes Stück Weg vor mir. Von Cunewalde geht es über den Bieleboh, den Kötschauer Berg und den Bubenik durch Löbau hinauf auf den Löbauer Berg zum Honigbrunnen. Doch dazu mehr in meinem nächsten Beitrag.

Transparenz-Hinweis

Meine Wanderung auf der Via Sacra erfolgte im Auftrag der Marketing-Gesellschaft Oberlausitz-Niederschlesien. Für die Berichterstattung erhalte ich eine Aufwandsentschädigung und bekomme die Kosten für Übernachtungen, Verpflegung und Transfers erstattet.

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Matthias
Matthias
Als gebürtiger Vogtländer, der in Chemnitz zur Berufsschule ging, in Dresden studiert und lebt, ist mir Sachsen ans Herz gewachsen. Meine Begeisterung über die Sehenswürdigkeiten des Freisaats möchte ich gerne mit anderen teilen. Mehr über mich und den Blog erfahrt ihr auf der Über mich-Seite

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