Wer heute Görlitz, die östlichste Stadt Deutschlands besucht, ist von der Schönheit der Architektur in der Altstadt schier überwältigt. Als wichtige Handelsstadt an der Via Regia gelegen, sind die prachtvollen Handels- und Wohnhäuser in der Innenstadt Ausdruck einer reichen Stadtgeschichte – im doppelten Wortsinne.
40 Jahre Verfall
Vor 25 Jahren stand all dies auf der Kippe. „Was Jahrhunderte überdauert hatte, drohte in der Zeit der DDR nach und nach unterzugehen“, schreibt der Dresdner Fotograf Prof. Jörg Schöner in der Ankündigung seiner Fotoausstellung über Görlitz. Eine Übertreibung? Die ersten Einblicke in die Fotosammlung zeigen: in keinster Weise! Nach vierzig Jahren real-existierendem Sozialismus war die Bausubstanz fast aller historischen Gebäude der Görlitzer Altstadt in derart schlechtem Zustand, dass eine Sanierung schlichtweg aussichtlos schien. Den Machthabern der SED fehlte es darüber hinaus auch am Interesse daran. Nicht so der Görlitzer Bevölkerung. Als die ersten Gebäude in der Altstadt weichen mussten, formierte sich der Protest unter den Görlitzern und verband sich mit den Demonstrationen der friedlichen Revolution.
„Auferstanden aus Ruinen“
Es ist vielleicht etwas zynisch diese Zwischenüberschrift zu wählen, war doch erst die Wende 1989/90 und damit das Ende der DDR die Rettung für die heute denkmalgeschützten Gebäude der Görlitzer Altstadt. Mit Blick auf die vergangenen 25 Jahre ist sie aber mehr als passend. Durch umfangreiche öffentliche Fördermittel und großes Engagement privater Bauherren ist hier in dieser Zeit zweifellos Historisches gelungen, was der Ausstellungstitel „Auferstehung eines Denkmals“ treffend beschreibt.
Die Fotoausstellung von Jörg Schöner zeigt beides. Sie dokumentiert sowohl den Verfall der Gebäude zur Zeit der DDR, als auch den Wiederaufbau nach der Wende. In besonderen großformatigen Installationen wird dieser Kontrast besonders erlebbar.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass viele Menschen die Zustände des Landes in der Endzeit der DDR verdrängt zu haben scheinen. Andere – wie ich – können sich aufgrund ihres Alters nur noch bruchstückhaft erinnern. Die Nachwendegeborenen kennen all dies nur aus den Erzählungen der Eltern und Großeltern. Ich werde mir die Fotoausstellung in jedem Falle anschauen. Vielleicht lernt man das ein oder andere dann auch wieder etwas mehr wertzuschätzen.
Informationen
Die Fotoausstellung „Görlitz – Auferstehung eines Denkmals“ wird am 16. Mai im Beisein des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich eröffnet.
Bis zum 18. Oktober kann man die Ausstellung in den KEMA-Hallen, Pomologische-Garten-Straße 17, 02826 Görlitz besuchen.
Weitere Informationen gibt es unter http://www.fotoausstellung-goerlitz.de/ oder bei Facebook https://www.facebook.com/fotoausstellung.goerlitz.